Unser Urlaubstagebuch
Mit dem Fahrrad durch die Niederlande
4. Woche
Taarlo - Borger - Westenesch
Wir starten wieder einmal bei Regen. Der Regen hält sich in Grenzen und hört dann später auch ganz auf. Unser nächstes Ziel sind die Hünengräber zwischen Drouwen und Borger. Diese Megalithgräber sind von hoher archäologischer Bedeutung und deshalb gibt es in Borger gleich noch ein Hünengrab-Zentrum, in dem man eine Menge über diese steinzeitlichen Begräbnisstätten lernen kann. Das sehen wir uns natürlich auch an. Die bepackten Räder lassen wir vor dem Eingang stehen. Ja, wir werden langsam sehr leichtsinnig. In keinem Land der Welt würde ich so etwas machen. Aber hier scheint das möglich.
Die Ausstellung ist sehr schön gemacht und man könnte sich noch viel länger hier aufhalten. Aber die Zeit drängt. Die Quartiersuche gestaltet sich heute schwieriger und es ist nicht so schnell mal beim Mittagessen erledigt. Wir bekommen einige Absagen oder es meldet sich unter den angegebenen Telefonnummern niemand. So radeln wir erst einmal weiter. In Odoorn kaufen wir beim Bäcker ein paar Brötchen fürs Abendbrot. Sicher ist sicher. Ein kleiner Supermarkt ist nicht weit, in dem wir ein paar weitere Zutaten einkaufen können. Dann erhalten wir doch noch eine Zusage für eine „Vrienden op de Fiets“-Unterkunft in Westenesch nahe Emmen. Der Weg dort hin führt durch Heidelandschaften. Hier leben zahlreiche Pferde, die sich von uns Radfahrern in keiner Weise stören lassen.
In unserer Unterkunft haben wir ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer und ein eigenes Bad. Sehr nobel.
Unsere Gastgeber erzählen uns von ihrer Pilgerreise von Harlem (Stadt nahe Amsterdam) nach Santiago de Compostela. Das Ganze zu Fuß in 100 Tagen. Nicht schlecht.
Etappenlänge: 55,6 km
Gesamt: 1219,9 km
Unterkunft: Mrs. A. Van Zanden, Westenesch (Vrienden op de Fiets)
Westenesch - Coevoden - Hardenberg - Ommen
Wie immer gibt es bei unseren „Fahrradfreunden“ noch ein leckeres Frühstück, bevor wir uns wieder auf den Weg machen. Während des Frühstücks können wir aus dem Küchenfenster beobachten, wie Scharen von Schülern den kleinen Ort Westenesch auf ihrem Weg zur Schule passieren.
Heute ist ein anstrengender „Radeltag“, Deshalb gibt es auch nur wenig Fotos. Heute früh lagen die Temperaturen im einstelligen Bereich. Ab und zu nieselt es und der Wind bläst mal wieder nur von vorn.
In Coevoden gibt’s Mittag und wir bummeln kurz durch die Innenstadt. Der erste Anruf bei den „Vrienden op de Fiets“ ist gleich von Erfolg gekrönt. Nun müssen wir es heute bis Ommen schaffen.
In Ane sehen wir uns das Denkmal der Schlacht bei Ane an. Im Jahre 1227 gelang es ein paar schlauen Bauern, das überlegene Heer des Bischofs in einen Sumpf zu locken und damit den Sieg in der Schlacht bei Ane davonzutragen.
Auch in Hardenberg drehen wir kurz eine Runde durch die City.
Gegen 18:00 erreichen wir Ommen, unseren heutigen Etappenort. Das Quartier liegt direkt in der Innenstadt. Ein älterer Herr, Uta schätzt ihn auf mindestens 80, empfängt uns und lädt uns zu einem Kaffee ein. Er erzählt uns, dass er viele Jahre in Afrika als eine Art Krankenpfleger gearbeitet und auch Krankenschwestern ausgebildet hat.
Später suchen wir uns noch ein Lokal für das Abendessen. Heute sollen es mal Spareribs sein. Die Portionen sind lecker und ziemlich groß.
Etappenlänge: 74,6 km
Gesamt: 1294,5 km
Unterkunft: Mr. Kampman, Ommen (Vrienden op de Fiets)
Ommen – Vroomshoop - Ootmarsum
Nach dem Frühstück bei unserer netten „Vrienden op de Fiets-Bekanntschaft“ verlassen wir Ommen. Herr Kampman, so heißt unser Gastgeber, erzählt uns noch, dass er die Einnahmen aus der Zimmervermietung dazu verwendet, um drei elternlosen Mädchen in Lesotho eine Schulausbildung zu ermöglichen.
Vor der Stadt Ommen gibt es wieder einmal eine Dünenlandschaft, die die Einheimischen „Sahara“ nennen. Weiter geht es über Den Ham, nach Geesteren, wo uns eine Bäckerin leckere „Stückchen“ und Kaffee serviert. Das soll heute mal unser Mittag sein.
Über Tubbergen erreichen wir Ootmarsum. Hier haben wir während unserer Mittagspause eine B&B-Unterkunft gebucht. Bevor wir diese jedoch aufsuchen, besuchen wir das Openlucht-Museum im Ort. Auf dem Areal sind einige alte Gebäude aus vergangenen Tagen ausgestellt, die einen Eindruck vom bäuerlichen Leben der Vergangenheit vermitteln.
Unsere Unterkunft befindet sich in einem Häuschen mit schönem Garten. Am Abend sehen wir uns dann noch ein wenig im Zentrum des Ortes um. Der Ort bietet ein schönes altes und geschlossenes Ortsbild. Es gibt hier zahlreiche Galerien, welche sich vor allem mit Glaskunst beschäftigen. Der ortsansässige Künstler Ton Schulten wird in einem Museum verehrt. Weiterhin ist der Ortskern durch zahlreiche Plastiken gekennzeichnet, die oftmals einen Bezug zum hiesigen Schulmuseum haben.
Ein leckeres Abendbrot gibt’s im Restaurant 't Pläske bei Musik, die klingt, als hätte Felix sie ausgesucht.
Etappenlänge: 58,8 km
Gesamt: 1353,3 km
Ootmarsum - Enschede
Heute ist unserer letzter richtiger „Fahrradtag“. Wir radeln noch einmal durch Wälder und Alleen. Zum Frühstück wurden wir heute genötigt, uns noch ein Picknick für Unterwegs mitzunehmen. Dieses verspeisen wir dann an einem Rastplatz vor einem Klopkeshoes. Später kommt dann der Zeitpunkt, an dem Uta das letzte mal die Seite unseres bikeline-Radführers umschlägt. Dann erreichen wir Enschede, unseren Start- und heutigen Zielort. Wir haben es geschafft. Mehr als 1400 km liegen hinter uns, einmal um die Niederlande.
Auch hier werden wir wieder in einer Vrienden op de Fiets-Unterkunft übernachten. Sie liegt etwas außerhalb. Das Stadtzentrum ist aber trotzdem gut zu Fuß zu erreichen. Das Zimmer bietet wieder allen erdenklichen Komfort. Es gibt auch einen Hund, der, wie der kleine Bruder von Rana aus Calama aussieht.
Am Abend bummeln wir noch einmal durch die Innenstadt und können uns, ob des großen Angebots, kaum für ein Lokal für das Abendbrot entscheiden. Letztlich sitzen wir im „Copacabana“ und essen köstliche Tapas. Das ist zwar nicht landestypisch, aber trotzdem sehr lecker.
Etappenlänge: 58,5 km
Gesamt: 1411,8 km
Unterkunft: Mrs. J.E. Lormans, Enschede (Vrienden op de Fiets)
Heimfahrt
Das Frühstück ist für uns vorbereitet und so treten wir anschließend unsere Heimreise an. Mit den Rädern sind wir schnell am Bahnhof und da wir noch Zeit bis zur Abfahrt haben, schließen wir unser Gepäck ein und deponieren die Fahrräder in einer Fahrradgarage. So können wir unbeschwert noch einen kleinen Bummel durch Enschede machen. Uta findet ein neues Lieblingsgeschäft, „Dille & Kamille“, eine Art Haushaltswarenladen vom Feinsten. Zum Abschluss gibt es dann noch Bagel mit original holländischem Schokostreusel, genau dort, wo wir vor vier Wochen unsere RUND-Reise (Bagel !!!) begonnen haben. Was für eine Metapher!
Die Regionalbahn der DB bringt uns dann pünktlich von Enschede nach Dortmund. Die reichliche Zeit zum Umsteigen wird durch die Verspätung des IC noch einmal verlängert. Das Einsteigen mit den Fahrrädern und dem Gepäck ist dann noch einmal kurz spannend, zumal sich das Gleis kurzfristig ändert. (Zum Glück am gleichen Bahnsteig) Aber es finden sich noch vier freundliche Hände, die uns beim Gepäckeinladen helfen.
Die Verspätung summiert sich und so bekommen wir den Anschluss in Gotha nicht, fahren weiter bis Erfurt. Dann geht es mit der Südthüringenbahn bis Neudietendorf. Von da radeln wir fröhlich nach Hause.
Ankunft: 22:30.
Nachsatz von Uta:
unsere Begleiter:
bikeline Radtourenbuch: Radrunde Niederlande (Ronde van Nederland)
1:75.000 1300 km, 1. Auflage 2016,
ISBN: 978-3-85000-685-9
Das Kartenwerk ist gut wie immer. Allerdings ist der Maßstab 1:75:000 für eine Radtour schon etwas grenzwertig.
Die Länge der Tour geht leider auf Kosten der sonstigen Informationen, die hier nicht so ausführlich waren, wie sonst bei bikeline üblich.
Michael Müller Verlag - individuell reisen: Niederlande
10. Auflage 2018
ISBN 978-3-95654-478-1
zuverlässiger Reiseführer mit vielen interessanten Informationen
Vrienden op de Fiets
Wenn man vor hat eine Radtour durch die Niederlande zu planen, sollte man unbedingt für 10 € Mitgliedsbeitrag/ Jahr bei "Vrienden op de Fiets" Mitglied werden. Dafür bekommt man landesweit ca. 6.000 günstige Übernachtungsadressen (https://www.vriendenopdefiets.nl/en). Für 22,50 €/Personen bekommt man ein Bett mit Frühstück. Ggf. ist noch zusätzlich Kurtaxe zu entrichten. Das sind keine kommerziellen Anbieter, man ist also nicht im Hotel. Wir haben hier nur tolle Erfahrungen gemacht. Die Leute waren alle sehr nett und offen. Die Quartiere waren alle gut bis super. Eine tolle Erfahrung. Authentischer geht es nicht!
Über die Internetseite kann man von unterwegs per Handy gut die intergrierten Suchfunktionen nutzen.
Evt. hilfreiche App, wenn man die Radtour über Knotenpunkte plant: fietsknooppunten.nl
Obwohl wir fast 4 Wochen unterwegs waren, sind natürlich Besichtigungswünsche offen geblieben. Hier noch eine kleine Zusammenstellung, was ich mir das nächste Mal, wenn wir wieder einmal in den Niederlanden sind, anschauen möchte:
- auf jeden Fall mal wieder Amsterdam besuchen
- Haarlem: Hofjes und Frans-Hals-Museum
- Arnhem: Openluchtmuseum
- Ootmarsum: Galerien besuchen, Ton-Schulten-Museum , evt. Schulmuseum
- Enschede: Rijksmuseum Twenthe mit Gemäldesammlung von Brueghel, Lucas Cranach, Frans Holbein, Rembrandt
Abspann:
In der
Hauptrolle
die Niederlande
ein wunderbares Land mit hervorragender Fahrrad-Infrastruktur, abwechslungsreichen Landschaften und vielen netten Menschen.
In den Nebenrollen
der Regen
der Wind
Navigation und Motivation
Uta
Bild und Text
Volker
Quartier-Casting
Uta
Technischer Support
Volker